Handwerker und Zunftwesen

Die Ravensburger Handwerker waren in acht Zünften organisiert. Jede Zunft hatte an ihrer Spitze einen Zunftmeister, der im Rat Sitz und Stimme hatte. Neben dem Zunftmeister stand an der Spitze jeder Zunft der "Elferausschuß". Die politische Macht war gering. Bis in das 16. Jahrhundert hinein scheint die Zunft der Weber eine führende Rolle gespielt zu haben. Sehr bedeutend war die stark entwickelte Leineweberei, dann die Hanf-und Barchentweberei. Zur Drosselung der gegenseitigen Konkurenz wurden den Meistern der Weberzunft, aber auch allen anderen Zunftmeistern, nur wenige Gesellen und Lehrlinge zugebilligt. Schauer, die es bei allen Zünften gab, bezeichneten mit Schlageisen die Güteklasse der Webstücke. Es würde zu weit führen, hier jede einzelne Zunft eingehend zu behandeln. Es sei noch die Schneiderzunft erwähnt, der zeitweise die "Papierer" angehörten. Es wurde in Ravensburg Papier mit dem Wasserzeichen eines Ochsenkopfes ohne Augen hergestellt. Die Humpis, und zwar die Kirchstraßen Linie mit Michael Wilhelm Humpis und Felix Humpis waren ebenfalls im Besitz von Papiermühlen.(4). Die Ravensburger Papiermacherei war nach der Nürnberger die älteste in Deutschland und begann etwa 1392. Sie Übertraf aber die Nürnberger fast sofort in den Fabrikationsmengen und versorgte mindestens 150 Jahre lang einen großen Teil Mitteleuropas mit Schreibmaterial.(5). Neben den Handwerkern und der noch zu behandelnden Oberschicht, dem Patriziat, gab es noch eine gewisse Mittelschicht. Sie setzte sich aus Detailhändlern zusammen, die nach "Elle, Pfund und Lot" verkauften, aus Großhändlern, die nicht zu den vornehmen Geschlechtern zählten, aus Ärzten, Apothekern und städtischen Bediensteten. Sie alle schlossen sich in der Gesellschaft zum "Ballen" zusammen, unterstanden jedoch keinem Zunftmeister, sondern dem Bürgermeister. Da die Handwerker den allgemeinen Zunftzwang durchgedrückt hatten, d. h., daß sich jeder Ravensburger Vollbürger in irgendeiner Zunft organisieren mußte, waren auch die Mitglieder der Oberschicht gezwungen, sich in eine Gesellschaft zusammenzuschließen.

 

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