Das Stadtregiment
Wie in zahlreichen anderen oberschwäbischen Reichsstädten, so lagen auch in Ravensburg zuerst Verwaltung und Gericht in den Händen eines stadtherrlichen Beamten, das Stadtammanns. Obwohl das Ulmer Stadtrecht, das der Reichsstadt Ravensburg 1293 von Adolf von Nassen verliehen wurde, eine jährliche Wahl des Ammanns vorsah, waren diese bis 1383 durchwegs länger als 1 Jahr im Dienst. Man kann daraus schließen, daß sie bis zu diesem Jahr von Stadtherrn Ravensburgs, d. h. von jeweiligem König ernannt, ab 1383 aber, da sich ein jährlicher Wechsel feststellen läßt, gewählt wurden. (1) Lange Zeit waren es fast immer die Humpis, die dieses Amt führten. Zum ersten Mal wird 1299 ein Konrad Humpis als Stadtammann von Ravensburg erwähnt.(2) Auf ihn folgten Wilhelm (1328-1334) und Frick Humpis (1334-1343). Frick Humpis war zugleich Landvogt von Oberschwaben, der sein Amt von Herzog Stephan erhalten hat. 1375 kehrte das Amt des Stadtammanns wieder an die Humpis zurück. Ital I. Humpis wird von 1375 bis 1385 erwähnt. Sein Bruder Henggi Humpis ist 1388 ff. Stadtammann. Der von 1397-1442 genannte Jodukus Humpis und Frick IV., werden ebenfalls als Ammänner aufgeführt. Jos II. hatte 1406 und Ital II. 1422 das Amt inne. Ab 1347/48 wurde in Ravensburg ein Bürgermeister gewählt. Auch dieses Amt wurde Jahrzehnte lang von den Humpis bekleidet. Dieses Recht stand der vornehmen Geschlechterzunft zu, die im Kapitel "Das Patriziat" noch eingehend behandelt wird. Wie überall verlor der Ammann den größten Teil seiner Gewalt und seine Befugnisse und trat in den Schatten des Bürgermeisters. Dies ging so weit, daß es im Jahr 1380 der Geschlechterzunft und den in Zünften organisierten Hand-werkern gelang, den Stadtammann auf das Gericht zu beschränken und den Bürgermeister als Stadt-oberhaupt und Leiter der Verwaltung einzusetzen. Dem Stadtammann verblieb die Gerichtsbarkeit über "Eigen und Erbe wie über das Blut", im übrigen entwickelte sich vom Ende des 14. Jahr-hunderts an ein Ratsgericht. Schon sehr früh (um 1220) finden wir einen Rat, dessen Vorsitz, wie auch der des Gerichts, zwischen Ammann und Bürgermeister wechselte, ansonsten waren Rat und Gericht mit den gleichen Personen besetzt. Die urspüngliche Mitgliederzahl von Rat und Gericht betrug 11 Köpfe, ohne den Vorsitzenden. 1350 wurde die Zahl durch die acht Zunftmeister erhöht. Neben diesem Organ der Bürgerschaft kam später die "Gemeinde" hinzu, die beim Beschluß und Erlaß städtischer Satzungen mitwirkte. Die Gemeinde stellte vermutlich eine Abordnung aus den Gesellschaften und Zünften dar.