Das Ende der Gesellschaft

Das Ende der "Großen Ravensburger Handeslgesellschaft" ist ebenso wenig genau festgelegt, wie ihre Entstehung. In dem 1909 im Schloß Salem gefundenen "Unnützen Handelssachen" der Gesellschaft, die aus Rechnung, Warenzettel und Briefen bestehen, ist noch das Material für die Vorbereitung der "Rechnung" von 1525 erhalten. Wie man daraus ersehen kann, wurde schon zu diesem Zeitpunkt überlegt, ob die Gesellschaft nicht aufgelöst werden sollte. Der "schwäbische Bund" wandte sich damals an Konrad Humpis und seiner Gesellschaft, damit er ihnen von Ihren Einlagen in der Gesellschaft, Geldmittel vorstrecke und berichteten, sie seien in ihrer Endrechnung der Gesellschaft zweifelhaft, ob sie beieinander bleiben würden (86). Konrad Humpis, der erste Regierer der Gesellschaft, weigerte sich aber, worauf der Bund drohte, "ihr Gut nicht mehr zu verleiten". Man kann aber mit Sicherheit feststellen, daß die Handelsgesellschaft auf der Rechnung von 1525 ihr Ende auch nicht beschloß. Dies ist ersichtlich aus dem Ankunftsbuch, das in Nürnberg geführt wurde, und in dem Warensendungen in der Zeit vom 20. Februar bis 28. Juni 1527 festgehalten wurden. Dabei handelt es sich um Waren, die nach Nürnberg und Frankfurt auf die dortigen Messen gelangten. Die Gelieger in Nürnberg, Antwerpen, Mailand, Genua und Wien standen bestimmt noch. Es heißt nämlich u.a. im Ankunftsbuch: "Auf ditt Messe von Frankfurt empfangen von Annstorff (Antwerpen) (87). "Auf 13.Maye empfangen von Wyen (Wien) ....noch uncost von Mailand genn Kom (Como) (88) ... genw (Genua) (89). Im Jahre 1530 erließ ein Herr von Mailand ein Mandat zu gunsten "Konrad Humpis und anderer deutscher Kaufleute. Dann bestand also die Gesellschaft noch im Jahre 1530 und hatte, da sich das Dekret auf Eintreiben von Schulden bezieht, im mailändischen Raum noch Schuldner. Die Gesellschaft war aber schon längst im Niedergang begriffen. Als sie Venedig aufgab, stand sie noch in voller Blüte; dann zog sie sich aus dem Rhönetal zurück und gab Lyon und Avignon auf. Auch Spanien, in Barcelona wurde der Verkaufsgaden geschlossen, dann brach Saragossa zusammen, das den wichtigsten Grundstein des Spaniengeschäftes, des Safranhandels darstellte und schließlich folgte Valencia. So war die Ravensburger Handelsgesellschaft 1527 eingeschränkt auf die Gelieger Mailand und Genua in Italien, auf Antwerpen in den Niederlanden und auf die Tätigkeit in Frankfurt, Nürnberg und Wien. Frankfurt und Nürnberg stellten nach wie vor die wichtigsten Verkaufsstätten dar. Die Gesellschaft hatte mehr als eine Gelegenheit versäumt. Durch die Entdeckungsfahrten Vasco da Gamas, verlagerte sich der Spezereihandel von Barcelona, Saragossa und Valencia nach Lissabon in Portugal. Die Ravensburger Gesellschaft, die sich von ihrer alten Handelstechnik nicht lösen konnte, nach der ein Regierer befahl und die Faktoren zu gehorchen und die Befehle auszufüren hatten, war Sie nicht beweglich genug, sich umzustellen und Geschäftsverbindungen mit Lissabon anzuknüpfen. Außerdem hatte man sich völlig vom Geldhandel ferngehalten und hielt sich streng an das Zinsverbot der katholischen Kirche. Aber gerade durch den Geldhandel konnte man sich am leichtesten Privilegien und Zahlungsmittel von den Fürsten erringen, die großzügige Anleihen gewährten. So verlor die große Ravensbuger Handelsgesellschaft das für den Fernhandel so wichtige Lieblingsfeld Spanien.

Welche Gründe waren es nun, die zum Untergang der Handelsgesellschaft beigetragen haben ?. Die letzten bedeutenden Herren der Gesellschaft, Konrad Humpis, Hans Hinderhofen, Alexius Hilleson, sowie die Familienmitglieder der Humpis hielten an der alten Lehre fest, sich vom Geldhandel fernzuhalten während die Gesellen Dr. Uelin, Oswald Kröll, die Konstanzer Apenteger, Jörg von Hoff, Ruland Muntprat, Kaspar von Ulm und Konrad Zwick der neuen Lehre folgten. (92). Im allgemeinen hielten die Angehörigen der vornehmen Geschlechter mehr am alten Glauben fest. Man muß nun die Tatsache sehen, daß die Einigkeit in der religiösen Auffassung, was den Geldhandel betrifft aufgehört hatte zu herrschen, sowohl in den Geliegern als auch in den Heimatstädten und dies berechtigt zu der Annahme, daß die Gesellschaft, die ja aus Familienverbände hervorgegangen war, zweifellos unter sich widersprechenden Einflüssen stand, die sich in jeder Beziehung negativ auswirkten und ganz bestimmt zur Auflösung der Gesellschaft mit Beitrugen. Schon um 1525 wurden die Spenden der Gesellschaft "durch Gott", für Nonnen, Mönche und Arme, also Spenden, die gemacht wurden, um Gott den Dank für gelungene Geschäfte abzustatten, wesentlich gekürzt. Während es vom Jahre 1500-1510 pro Rechnungs-periode jeweils 600 fl waren, sanken sie bis auf 100 fl im Jahre 1525 herab. Dies ist bezeichnend für den Rückgang des Umsatzes und des Gewinns, der durch das fernbleiben vom Gewürzhandel in Lissabon und dem fehlen vom schnellen Bargeld in den Geliegern zu stande kam. Die Mit-bewerber konnten mit Krediten Geldmittel erwerben, die Sie nur mit der Zahlung von Zinsen zur Verfügung hatten, schneller handeln. Die Kauferlaubnis und die Anweisungen zum Kauf durch die Regierer in Ravensburg, sowie die Beschaffung der Geldmittel aus Ravensburg oder anderen Geliegern dauerte zu lange. In dieser Zeit machten die Geschäfte an den Plätzen der Glieger andere. Der Handel war schneller, gewagter, spektakulärer geworden und hing von schnellen Entschlüssen ab. Man ließ beim Einkauf in den Geliegern zu wenig freie Hand, obwohl diese den größeren und besseren Einblick in den Auslandshandel, speziell in ihrem Land hatten und durch selbständiges Handeln manche verpaßte Gelgenheit zum Vorteil der Gesellschaft ausnützen hätte können. Die Ravensburger Handelsgesellschaft hielt sich streng nach der alten Lehre und an das damalige Zinsverbot der katholischen Kirche.

Die Gesellschaft endete im Jahr 1530, weil die letzten Regierer ein gewisses Alter erreicht hatten und in den verdienten Ruhestand gegangen sind. Die Nachkommen und Sie selber waren bereits in den Adelsstand aufgestiegen und hatten kein Interesse mehr kaufmännisch als Patrizier tätig zu sein. Deshalb sind viele Gesellen die in der Ravensburger Handelsgesellschaft tätig waren, mit Ihrem Wissen zu der Welser-Vöhlin Gesellschaft gegangen, um dort die Gesellschaft weiter aufzubauen.

Die "Große Ravensburger Handelsgesellschaft", die im Jahre 1380 gegründet wurde bestand 150 Jahre, bis 1530, 150 Jahre Fleiß, Freude und Leid waren zu Ende.

1461 stiftete die Ravensburger Handelsgesellschft eine Kapelle, die sie in der Klosterkirche der Karmeliten, der heutigen evangelischen Stadtkirche, errichtete. Die Jungfrau Maria vom Berg Karmel, die Patronin des Karmelitenordens, war zugleich die Schutzheilige der Seefahrer, damit auch für die verschifften Waren der Gesellschaft. In der "Gesellschaftskapelle" sollte für ewige Zeiten täglich eine Messe für das Heil der Gesellen, der lebenden und der toten, gelesen werden, wofür die Gesellschaft 100 Gulden an die Karmeliten gab. Und so geschah es bis zur Säkul-arisation 1806. Die 1483 von den Humpis gestiftete "Humpiskapelle" in der Klosterkirche der Karmeliten wurde beim Bau der evangelischen Stadtkirche 1842 bis 1844 bedauerlicherweise abgebrochen.

Copyright © 2004 Bernd Hanslmeier. Impressum