Leinen war die wichtigste Exportware Ravensburgs Schon vor dem 13. Jahrhundert war das Leinen, das aus Flachsgarn gewoben Tuch eine Exportware aus Ravensburg. Das Klima der Bodenseegegend und Oberschwabens ist für das Gedeihen der Flachs-Pflanze sehr günstig und Flachs wurde hier schon seit langer Zeit angebaut. Die von den Bauern geerntete Flachsstengel wurden auf den Bauernhöfen behandelt und die daraus ge- wonnenen Flachsfasern in den Bauernstuben zu Garn gesponnen - und das Flachsgarn zum Teil auf den Bauernhöfen, hauptsächlich aber in der Stadt zu leinenem Tuch gewoben, gebleicht, gewalkt, gefärbt und verkaufsfertig gemacht. Die Fernhandelnden Ravensburger Kaufleute, zu denen die Humpis der Ravensburger Linie und der Kirchstraßen Linie gehörten, ver- kauften das Leinen zum Teil weit über das deutsche Gebiet hinaus, zu einem wesent- lichen Teil nach Italien und von dort weiter nach Spanien. Demnach handelten die Humpis bereits vor der Gründung der Ravens- burger Handelsgesellschaft um 1380. Ravensburger Kaufleute brachten um 1350 Baumwollgarn und Baumwolle aus Italien über die Alpenpässe nach Ravensburg, und ver- anlaßten die Weber, ein Mischgewebe aus Baumwollgarn und heimischen Flachsgarn herzustellen. Dieses "Barchent" genannte Tuch wurde ebenfalls eine erstklassige Aus- fuhrware. Leinen und Barchent waren die wichtigsten aus Ravensburg und dem Umland stammenden Handelsgüter der "Großen Ravensburger Handelsgesellschaft". 1
Das Ravensburger Leinen- und Barchent- Textilgewerbe war wohlorganisiert, es war zu einer Industrie geworden. Dazu trat nach 1400 die Herstellung von Papier, die in Ravens- burg an Bedeutung gewann. Noch während sich die Ravensburger Barchenttuchweberei in der Entwicklung befand, brachten Kaufleute eine zwar ebenfalls aus Leinen und anderen Pflanzenfasern bestehenden, aber in der Struktur ganz anderen Stoff aus Italien nach Deutschland - das Papier. Die ersten deutschen Papiermühlen Den Gedanken der Herstellung von Papier in Deutschland verwirklichte als Erster der Nürnberger Kaufmann Ulman Stromeir. Er erwarb die "Gleismül" an der Pegnitz bei Nürnberg und baute diese im Jahr 1390 mit Hilfe lombardischer Papiergesellen in eine "pappiermüle" um. Im Jahr darauf lieferte er das erste auf deutschem Boden hergestellte Papier. Aber auch der Ravensburger Handels- herr u. Bürgermeister Conrad Wirt ließ bereits 1393/94 im Flattbachtal von Ravensburg eine Getreidemühle in ein "Papirhuss", d.h. in eine Papiermühle umbauen. Ravensburg war als Standort der Papierher- stellung besonders gut geeignet, weil Roh- stoffe, die Abfälle, Reste aus dem bedeut- enden Textilgewerbe zu erwarten waren. Ravensburg war ab der Gründung etwa 200 Jahre lang Hauptort der süddeutschen, ja man kann sagen der deutschen Papiererzeugung. Dies war wohl begründet in der anerkannten guten Qualität des Ravensburger Papiers und in der Menge die fünf Papiermühlen lieferten. Die Kirchgassen - Linie war im Besitz von drei Papiermühlen um 1460 bis 1498. 2
Die Humpis Linie Kirchstraße Heinrich Humpis 1332-1404 ist der Gründer der Kirchgstraßen Linie. Heinrich Humpis nennt sich Humpisus in ponte, d. h. an der Brücke. Seine Nachkommen steuern alle im Haus an der Kirchstraße. Sein Sohn Ulrich Humpis ist Landvogt von Oberschwaben, und ist mit seinem Bruder Heinrich Bürge für die Grafen v. Werdenberg und für Ulrich v. Königs- egg. 1361 wird er "an der Kirchstraße wohnend" erwähnt. Kirchstraße 7/9 war das Stammhaus der Kirchstraßen Linie. Ein weiterer Bruder Karl Humpis ist 1377 Bürger von Konstanz und dort Stadtammann im Jahr 1380. Diese Humpis Linie hat sich bereits vor der Gründung der Großen Ravensburger Handels- gesellschaft 1380 mit dem handeln von Lein- wand und Barchant ein kleines Vermögen und Wohlstand erarbeitet. Michael Humpis ein Sohn von Ulrich Humpis war 1423 Stadtammann und 1430 Bürger- meister von Ravensburg. Sein Nachkomme Heinrich II. Humpis, ist der Erst genannte von der Kirchstraßen Linie, der für die Ravens- burger Handelsgesellschaft tätig war. 1445 war Heinrich II. auf der Nördlinger Messe. Die Burg und Herrschaft Fulgenstadt bei Saul- gau war in seinem Besitz. Da Heinrich II. 1491 kinderlos starb erbte die Ratzenrieder Linie die Burg und Herrschaft Fulgenstadt. 1561 kaufte der Scheerer Erbtruchseß Wilhelm 3 Höfe im Ort von den Ratzenriedischen Erben. 3
Die Humpis erwerben das Schloß Schönbrunn bei Pfullendorf Felix Humpis erwarb mit seinem Bruder Jacob Humpis das Schloß Schönbrunn bei Pfullendorf. Danach nannte er sich Felix Humpis von Schön- brunn. Er zählt zu den bekannten Ravensburger Papierherstellern. Die komplizierte und umfangreiche Einrichtung einer Papiermühle, deren aus Holz gefertigten Antriebswellen, Zahnräder, Stampfgeschire, Pressen und Wasserräder einem raschen Ver- schleiß unterlagen und oft kostenspielige Reperaturen nötig machten, setzten den Aufwand eines großen Kapitals voraus. Die drei Papiermühle verpachtete Felix Humpis an tüchtige Papiermacher. Diese als "Beständer" bezeichneten Pächter arbeiteten selbständig in eigener Verantwortung, aber das produzierte Papier wurde von dem Besitzer übernommen und verhandelt. Felix Humpis ist daher auch in der Ravens- burger Handelsgesellschaft mit dem Verkauf des produzierten Papiers tätig. Um 1498 verkaufte er seine drei Papiermühlen. Mit seinem Sohn Gallus Humpis stirbt die Kirchstraßen Linie 1545 aus, nachdem er in Italien gefallen war. Seine Schwester Katherina Humpis erbt den "Humpis-Wald", den Sie am 21.01.1555 für 2500 fl an König Ferdinand verkaufte. Das Stammhaus Kirch- straße 7/9 war noch bis 1604 im Besitz der Humpis Linie Waltrams. Der letzte Besitzer war Johann Conrad Humpis v. Waltrams zu Wellendingen, Worndorf. 1604 brannte das Haus Kirchstraße 7/9 ab. 4